1.-3. Oktober, 2009

Rückreise

Mingäcevir ist eine recht nette Stadt, an Staudamm und Fluss. Guter Fisch, kein Regen. Am nächsten Tag per Rad (!!) nach Gäncä, zweitgrößte Stadt Asserbaidschans. Mörderischer Gegenwind. Links die schneebedeckten Gipfel Karabakhs, wunderschön, die Waffenstillstandslinie ist nicht weit. Flüchtlingsquartiere, sicher bewußt in Sichtweite der alten Heimat.

Ich mache einen Abstecher nach Xanlar. Dort hat der Zar im 19. Jahrhundert deutsche Schwaben angesiedelt, die Südflanke seines Reiches zu schützen und vor allem Wein zu pflanzen. Wie so oft in Asserbaidschan eine trostlose Gegend. Ich stelle mir die Gesicher der Aussiedler vor, als sie nach monatelanger Reise in dieser Einöde ankamen. Mit Weinbau dürften sie es aber zu einem gewissen Wohlstand gebracht haben. Von Stalin wurden sie nach Zentralasien verfrachtet und Armenier angesiedelt. Die hat man dann im Karabakh Konflikt rausgeschmissen und durch Flüchtlinge aus Karabakh ersetzt. Die deutschen Häuser stehen noch und unterscheiden sich deutlich von allem asserbaidschanischen oder russischen. Sogar die Hofnamen sind noch da (erstaunlich frisch gemalt). Als ich die Kirche besuche (frisch renoviert) steht neben meinem Rad ein Auto mit deutschem Kennzeichen, offensichtlich fließt hier Geld.

Am Abend regnet es wieder.

Am nächsten Tag kein Regen. Weiter nach Qazax, direkt an die Grenze. Ich schlafe in einem Motel an der Tankstelle, dort schick ich mein Rad in die Waschstraße. Mein letztes Abendessen versöhnt mich mit dem Land. Netter Gastgarten, ich lege mein letztes asserbaidschanisches Geld auf den Tisch (nicht viel) und frage was ich dafür bekomme. Fast liebevoll wird mir ein kleines Menü zusammengestellt. Zufrieden lese ich noch ein wenig in der Zeitung, als man mir noch Tee bringt, auf Kosten des Hauses. Ich bedanke mich, lese weiter, und bekomme schließlich auch noch einen Apfel geschenkt.

An der Grenze verlier ich viel Zeit. Zum wiederholten mal wird mir eingeschärft, ja nie nach Armenien zu fahren. Der Zöllner war zur Ausbildung in Wien und möchte mit mir plaudern. Dann endlich Georgien.

Ein kleiner Pass trennt mich von Tiflis, oben eine Ueberraschung. Im Tal unten raucht es aus vielen Schloten, riesige Fabriken stehen dort, alles ist verqualmt. Später wird mir erklärt, dass Stalin im Krieg riesige Stahl, Rüstungs und Chemiewerke aus Russland ins sichere Georgien verlegt hat. Rohstoffe mussten transportiert werden. Folgerichtig sind die meisten Fabriken nicht mehr in Betrieb, nur noch ein Werk qualmt, pikanterweise ein russicher Investor. In einem netten Restaurant mit Gastgarten neben einer der geschlossenen Fabrikenen, überlege ich, welches Fleisch auf meinem Shashlik brutzeln wird. Der Nachbartisch löst meine kulinarischen Probleme. Ich werde hinübergebeten, ein Geburtstag wird gefeiert, und ich bin eingeladen. Lecker. Schwer wieder wegzukommen.

In Tiflis steige ich mittlerweile traditionellerweise im Marriot ab, Nobel Hobel, direkt am Hauptplatz, noch immer gratis übers Loyalityprogramm. Dreckig, stinkend zerleg ich mein Rad, umgeben von Krawattenträgern, der ich im Zivilberuf auch einer bin. Das gefällt mir. Dieser Gegensatz. Natürlich auch der Komfort (es ist einfach geil nach 2 Wochen Dreck und Schmutz schlucken in einem King Size Bett mit weissem Laaken zu liegen). Wahrscheinlich aber am meisten sich in zwei Welten zu bewegen. Egal. Eineinhalb Tage Tiflis mit seinen kulinarischen Genüßen. Das Leben ist schön!

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