Hier noch ein paar Eindrücke von Erevan, 2 Tage
Sightseeing. Die Stadt ist hochinteressant. Sie ist im
wesentlichen am Reißbrett entstanden, in den 20ern als
Erevan Hauptstadt der armenischen Sowjetrepublik wurde,
hatte es keine 100 000 Einwohner, heute deutlich über
eine Million. Natürlich gibt es die obligatorischen
Plattenbauten am Stadtrand, aber das Zentrum entspricht
überhaupt nicht dem einer Sowjetischen Reißbrettstadt.
Die Häuser sind meist aus wunderschönen Stein und nicht
wie bei uns verputzt. Der Hauptplatz ein Traum, eines
der wenigen mir bekannten gelungenen Beispiele
sowjetischer Klassik. Im Zentrum wurde gerade eine
nagelneue Prachtstraße in moderner Architektur mit
starkem armenischen Einschlag fertiggestellt,
wunderschön.
Es gibt unglaublich viele Kaffees und Restaurants
von ausgezeichneter Qualität, vergleichbar im
postsowjetischen Raum nur mit Moskau, Petersburg und
Kiew, die aber allesamt viel größer und reicher sind
und mit dem Flair von Erevan keineswegs mithalten
können. Auch jede Menge Geschäfte, man glaubt eigtl.
nicht in einem der ärmsten Ländern der ehemaligen
Sowjetunion zu sein, dessen Grenzen de-fakto dicht
sind (Türkei und Asserbaidschan -Totalblockade, Iran
- außer Erdöl kein Austausch und Armeniens
Lebensader Georgien ist ja auch nicht gerade ein
Wirtschftliches Eldorado). Der einzige Grund der mir
einfällt ist die Diaspora, die offenbar viel Geld
und westlichen Lebensstil in die Stadt gebracht hat.
Auf einen der Berge führen Stufen, hunderte, es geht
ewig rauf. Ursprünglich sollte das ein riesiger
Springbrunnen werden, von dem Wasser von ganz oben
in Kaskaden bis in die Stadt runterfällt. Jetzt baut
sich ein armenischstämmiger Amerikaner hier sein
Denkmal, ein riesiges Museum moderner Kunst. Die
Museen von Erevan sind auch einer Erwähnung wert,
die Kunstsammlung nach Moskau und St. Petersburg die
wichtigste in der ehemaligen Sowjetunion, weil im
Krieg viel Kunst nach Armenien transportiert wurde
um sie vor den Deutschen zu retten. Eindrucksvoll
sind auch das historische Museum (leider kaum was
auf Englisch oder Russisch angeschrieben) und der
Matenadaran (alte armenische Schriften).
Das Genozid Memorial Museum ist ein Muss, neben
den schockierenden Bildern waren für mich die
englischen, deutschen und französischen Zeitungen
aus dieser Zeit das Schlimmste. Dort wurde auf den
Titelseiten über den Völkermord berichtet (Pogrome
gab es schon vor dem 1. Weltkrieg), vor allem die
Politik Englands hat damals total versagt weil man
ein Erstarken Russlands in dem Raum fürchtete und
während des ersten Weltkrieges war es dann
Deutschland, das einiges an Mitverantwortung zu
tragen scheint.
Traumhaft auch die Märkte, alle erdenklichen Früchte
und Gewürze, vor allem die getrockneten Früchte sind
ein Fest, teilweise mit Nüssen und Honig gefüllt.
Kurz, Erevan ist einen Besuch wert, genauso wie
Armenien - und - Erevan und der Rest Armeniens sind
zwei verschiedene Welten, in denen aber die gleiche
Sprache gesprochen wird. Ein Land voller Legenden
und Mythen, mit beeindruckenden Resten aus einer
vergangenen, untergegangenen Zeit.
In Erevan steht das Denkmal Kara Balas, ein reicher
Kaufmann, verheiratet mit einer schönen Frau, Vater
eines Sohnes, Besitzer eines schönem Hauses mit
einem Garten voller Rosen. Die Rosen verschenkte er
gerne an junge Frauen, verliebte sich in eine
Schauspielerin, die aber schon vergeben war. Der
Rivale wurde kurzerhand ermordet, und Kara Bala ging
dafür ins Gefängnis. Als er nach Jahren wieder fei
kam, waren Frau und Sohn weg und der Rosengarten
verwüstet. Kara Bala wurde zum Dardy Bala (traurigen
Bala) und zum Sandler. Als solcher verschenkte er
bis in die 60er Jahre Blumen an junge Mädchen. Eines
Winters erfror er. Noch heute gibt es Frauen, die
sich an ihn erinnern. Eine von vielen Geschichten
aus diesem faszinierendem Land.